Mitarbeitergespräch

Mitarbeitergespräche als Führungsinstrument in der Personalentwicklung

Durch regelmäßige Mitarbeitergespräche lassen sich Probleme und Potenziale in der Personalentwicklung rechtzeitig erkennen. Worauf Führungskräfte und Personaler dabei achten sollten, erläutert die Personalmanagement-Beraterin und -Trainerin Kathrin Schütte im Interview.

Frage: Viele Arbeitnehmer haben Studien zufolge innerlich gekündigt und stehen kurz vor der Abwanderung? Wie können Unternehmen hier gegensteuern?

Kathrin Schütte: Anerkennung für unser Handeln und Tun ist ein grundlegendes Bedürfnis des Menschen. Am Arbeitsplatz ist das nicht anders als im privaten Bereich. Es demotiviert Mitarbeiter, wenn sie das Gefühl haben, dass den Chef ihre Arbeit nicht wirklich interessiert oder dass sie nur dann zum Gespräch eingeladen werden, wenn die Leistung mal nicht stimmt. Wichtigste Führungsaufgabe ist daher, mit seinen Mitarbeitern in Kontakt zu stehen und regelmäßig Gespräche zu führen, die Raum für gegenseitiges Feedback geben. Ein weiterer wichtiger Motivator ist es, dem Mitarbeiter zu verdeutlichen, welchen Beitrag er zum Unternehmenserfolg leistet.

 

Kathrin Schütte, Fa. Schütte | pmt PersonalManagement & Training
Kathrin Schütte ist Trainerin, Beraterin und Coach mit langjähriger Erfahrung als Personalmanagerin und Ausbildungsleiterin. Seit 2005 berät die Diplom-Kauffrau mit ihrer Firma Schütte | pmt PersonalManagement & Training kleine mittelständische Unternehmen in Fragen der Personalentwicklung und -gewinnung. Zudem gibt sie Seminare zu Mitarbeiterführung, Kommunikation, Personalauswahl, Umgang mit Auszubildenden, Zeit- und Selbstmanagement.

 

Frage: Wie viele Unternehmen in Deutschland führen Ihrer Schätzung nach regelmäßig oder zumindest sporadisch Mitarbeitergespräche durch? Inwieweit unterscheidet sich die Herangehensweise von größeren und kleineren Firmen?

Kathrin Schütte: Über alle Unternehmen betrachtet sind es schätzungsweise 50 Prozent der Betriebe. Kleinere Firmen führen Mitarbeitergespräche eher unstrukturiert durch, wobei jede Führungskraft ihren eigenen Stil hat. In großen Unternehmen gibt es dagegen häufig einen definierten Prozess und einen Gesprächsleitfaden. Zudem werden die Führungskräfte intensiver in der Gesprächsführung geschult. Die Vereinbarung und Überprüfung von gehaltsrelevanten Zielen ist hier oft Bestandteil des jährlichen Mitarbeitergesprächs.

 

“Wichtig ist, dass ein Mitarbeitergespräch von einer vertrauensvollen Atmosphäre und gegenseitigem Respekt geprägt ist.”

 

Frage: Wie können Führungskräfte die Rahmenbedingungen für ein effektives Mitarbeitergespräch schaffen? Und wie gelingt ein guter Einstieg?

Kathrin Schütte: Beide Seiten sollten sich zunächst gut vorbereiten. Als Grundlage hierfür dient ein Leitfaden mit Fragen und einem Beurteilungsbogen. Es ist deshalb wichtig, einen Termin mit ausreichendem Vorlauf zu vereinbaren. Das Gespräch sollte dann ungestört stattfinden und genug Zeit bieten, circa 60 bis 90 Minuten.

Ein häufiger Fehler ist es, sofort in das Thema einzusteigen. Besser ist es, den Mitarbeiter zu Beginn dort abzuholen, wo er sich gerade befindet. Beschäftigt ihn gerade ein Problem, wird er kaum offen sein für ein Mitarbeitergespräch. Daher gilt es, zunächst die richtige Atmosphäre zu schaffen und mit der ersten Frage den Gemütszustand des Mitarbeiters zu erkunden bzw. seinem Befinden Raum zu geben. Wie mache ich das? Fragen Sie beispielsweise: Wie geht es Ihnen gerade, und was beschäftigt Sie derzeit? Je nach Antwort ist zu entscheiden, ob das Mitarbeitergespräch wie geplant angebracht ist oder ob zunächst das Thema des Mitarbeiters zu bearbeiten ist.

Frage: Wie sollte ein Mitarbeitergespräch dann idealerweise ablaufen?

Kathrin Schütte Nach der Klärung des inhaltlichen und zeitlichen Ablaufs werden die Hauptaufgaben des Mitarbeiters besprochen: Was hat sich verändert, was ist dazugekommen oder weggefallen?

Im nächsten Schritt blicken die Gesprächspartner auf die vereinbarten Ziele zurück und sprechen über die Zielerreichung. Dabei werden eventuelle Abweichungen analysiert und Hilfestellungen für die Zukunft erkundet.

Im Rahmen der anschließenden Leistungsbeurteilung erfragt die Führungskraft zunächst das Selbstbild des Mitarbeiters und erläutert dann ihre Einschätzung bzw. Wahrnehmung.

Als Nächstes werden neue Ziele vereinbart sowie Maßnahmen zur Entwicklung des Mitarbeiters abgestimmt. Danach sollte der Mitarbeiter Gelegenheit bekommen, der Führungskraft sein Feedback zu geben.

Abschließend werden die wichtigsten Inhalte, Vereinbarungen und Ziele noch einmal zusammengefasst. Natürlich können Mitarbeitergespräche auch kürzer und nur zu Teilaspekten stattfinden. Hier ist es dann besonders wichtig, das Thema eingangs klar zu benennen.

 

“Führungskräfte neigen häufig dazu, zu weich zu beurteilen oder  ein einzelnes negatives bzw. positives Ereignis auf die übrigen Bereiche zu übertragen.”

 

Frage: In welche Fallen können Führungskräfte bei Mitarbeitergesprächen tappen?

Kathrin Schütte: Zunächst einmal ist es wichtig, dass das Gespräch von einer vertrauensvollen Atmosphäre und gegenseitigem Respekt geprägt ist. Dies setzt voraus, dass beide Parteien mit einer positiven Einstellung in den Termin gehen und bereit sind, aufmerksam zuzuhören.

Eine der größten Hürden für Führungskräfte ist es, kritische Verhaltensweisen des Mitarbeiters anzusprechen oder negative Botschaften zu übermitteln. Führungskräfte neigen daher häufig dazu, zu weich zu beurteilen. Ein anderer häufiger Fehler bei der Beurteilung besteht darin, ein einzelnes negatives oder auch positives Ereignis auf die übrigen Bereiche zu übertragen. Eine weitere Falle ist es, nicht nach den Ursachen für schlechte Leistungen oder Zielverfehlungen zu fragen, um geeignete Maßnahmen mit dem Mitarbeiter gemeinsam zu entwickeln. Eine mögliche lösungsorientierte Frage ist hier beispielsweise: Wie kann ich Sie unterstützen, sodass Sie das Ziel XY im kommenden Jahr erreichen?

Ein fataler Fehler von Führungskräften ist es, wenn sie sich an Abmachungen nicht halten oder unzureichend auf Kritik und Anregungen der Mitarbeiter reagieren bzw. diese nicht weiterverfolgen. In diesen Fällen fühlen sich Mitarbeiter nicht ernst genommen, resignieren und werden künftig nicht mehr mit ihrer Meinung herausrücken. Und dann gibt es noch die “Gehaltsfalle”, bei der das Gespräch von der Beurteilung abschweift und zur Gehaltsverhandlung gerät. Eine klare terminliche Trennung dieser beiden Themen ist daher zu empfehlen.

 

“Software erleichtert das strukturierte Vorgehen bei Mitarbeitergesprächen und kann den Workflow exzellent unterstützen.”

 

Frage: Mitarbeitergespräche durchzuführen und auszuwerten bedeutet für Arbeitgeber einigen Aufwand. Wie lassen sich die Prozesse – etwa mithilfe von Software – effizient gestalten?

Kathrin Schütte: Der Einsatz von Software erleichtert das strukturierte Vorgehen und kann den Workflow exzellent unterstützen. Beispielsweise beginnt der Personaler damit, den Startschuss für die Mitarbeitergespräche zu geben, woraufhin Führungskräfte und Mitarbeiter am Bildschirm in einem vordefinierten Leitfaden ihre Angaben machen. Das eigentliche Gespräch sollte dann natürlich nicht am Monitor stattfinden, sondern in entspannter Atmosphäre am Besprechungstisch mit dem gedruckten Leitfaden.

Das Zeitfenster für die Vorbereitung und die Durchführung der Gespräche gibt die Personalabteilung vor. Wenn die Personaler dann noch den jeweiligen Gesprächsstatus und – nach durchgeführten Gesprächen – die Ergebnisse im System automatisch einsehen können, ist dies eine spürbare Erleichterung für alle Beteiligten, von der Organisation über die Durchführung bis hin zur Auswertung.

 

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Frage: Werfen wir abschließend einen Blick in die Zukunft. Infolge des knappen Angebots an Fachkräften haben sich die Gewichte im Arbeitsmarkt verlagert: Faktisch müssen sich in einigen Branchen längst die Firmen bei ihren Mitarbeitern bewerben – anstatt umgekehrt. Wie wirkt sich dieser Wandel auf das Führungsverhalten aus?

Kathrin Schütte: Anerkennung, Wertschätzung und der laufende Kontakt mit den Mitarbeitern werden immer wichtiger, um gute Leute zu halten und neue zu gewinnen. Mitarbeiter sind Botschafter des Unternehmens und gewinnen eine immer größere Bedeutung bei der Rekrutierung neuer Mitarbeiter auf den enger werdenden Märkten. Führungskräfte haben nicht mehr die Rolle des allwissenden Fachmanns bzw. der Fachfrau, sondern sind auf die Ideen und die aktive Beteiligung ihrer Mitarbeiter angewiesen. Führung – sei es im Alltag oder in Mitarbeitergesprächen – bedeutet daher mehr denn je, durch Kommunikation auf Augenhöhe die Rolle eines Coaches zu übernehmen.

Bildquellen: s_l/Fotolia.com (Beitragsbild oben), privat (Porträt)

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