Inhouse-Lohnabrechnung ermöglicht bessere Qualität und Steuerung

Viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) überlassen die Entgeltabrechnung spezialisierten Dienstleistern. Doch das ist keineswegs automatisch die optimale Lösung, sagt die Payroll-Expertin Sabine Katzmair. Es komme, beim Outsourcing wie bei der Inhouse-Lohnabrechnung, stets auf die Qualität an. Lesen Sie hier das Interview.

Gerade KMU lagern ihre Entgeltabrechnung häufig an einen Steuerberater oder ein Lohnbüro aus, weil sie sich mit dieser Aufgabe nicht belasten möchten. Ist ein Outsourcing wirklich das Allheilmittel für alle Probleme?

Katzmair: Nein, Outsourcing ist nicht das Allheilmittel für alle Probleme, im Gegenteil. Oft wird eine Auslagerung damit begründet, dass die Entgeltabrechnung kein Hauptgeschäft des Unternehmens sei und dass man gut daran tue, sein Business davon zu entlasten. Der wichtigste Aspekt ist dabei häufig die Kostenfrage.

“Jedoch lassen sich Kosteneinsparungen nach einem Outsourcing nur in den wenigsten Fällen erzielen.”

Oft wird das ganze Projekt sogar teurer, da sich die Outsourcing-Partner, je nach Dienstleistungsvertrag, jede einzelne Dienstleistung, wie zum Beispiel Korrekturen von Lohnabrechnungen, die Änderung von Kostenstellen oder die Anlage von Lohnarten, einzeln bezahlen lassen. Es gilt also, sich vor einem geplanten Outsourcing über die Pro- und Kontra-Argumente zu informieren und die Entscheidung unter Berücksichtigung der Unternehmensstrategie sorgfältig abzuwägen.

Eine gute Lösung kann es nach meiner Erfahrung sein, nur Teile der Abrechnung – zum Beispiel Spezialthemen wie Ausland oder Betriebsrentner – extern zu vergeben. Auch ist es möglich, die Lohnabrechnung mit interner Datenerfassung selbst durchzuführen und lediglich die weitere Verarbeitung der Daten sowie das Hosting und die Betreuung des Lohnabrechnungssystems auszulagern.

Doch egal ob inhouse oder extern – es kommt stets auf die Qualität der Lohnabrechnung an. Sie ist wichtig, um die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter zu erhalten und Probleme bei Lohn- oder Sozialversicherungsprüfungen sowie bei Haftungsthemen zu vermeiden. Bei ständigen Fehlern in der Lohnabrechnung hört auch bei Mitarbeitern der Spaß auf. Fehler in der Umsetzung von rechtlichen Themen können hohe Nachzahlungen, plus Säumniszuschläge und Zinsen, nach sich ziehen.

 

Sabine Katzmair
Sabine Katzmair ist Inhaberin des Beratungsunternehmens Sabine Katzmair – Payroll Management & Consulting. Die studierte Betriebswirtin berät und unterstützt Unternehmen verschiedenster Branchen und Größen in den Bereichen Human Resources (HR) und Payroll (Entgeltabrechnung). Darüber hinaus vermittelt sie als Trainerin Know-how rund um das Thema Payroll.

 

Welche Schwierigkeiten können auftreten, wenn die Entgeltabrechnung ausgelagert wurde?

Katzmair: Wenn die Kommunikation mit dem Outsourcing-Anbieter nicht stimmt, kommt es zu Missverständnissen und die Prozesse geraten ins Stocken. Typische Beispiele hierfür: Beim Auftraggeber ist nicht klar geregelt, wer mit dem Outsourcing-Partner kommuniziert. Es gibt zu viele Ansprechpartner beim Dienstleister. Der Service läuft über ein Ticketsystem. Wer kennt das nicht – man telefoniert wegen eines Problems mehrmals mit einer Hotline und ständig fängt man wieder von vorn an zu erklären, da man immer jemand anderen am Apparat hat.

Auch wenn Inhouse-Prozesse, wie zum Beispiel die Übergabe der Lohndaten an die Finanzbuchhaltung, nicht sauber geregelt und klar übergeben wurden, wird es Fehler in der Lohnabrechnung geben.

Die Qualität des Outsourcings hängt also immer auch stark von der Steuerung und Kontrolle durch den Auftraggeber ab. Ein weiterer Faktor ist die Komplexität der Prozesse beim Auftraggeber. Je komplexer, desto schwieriger ist ein Outsourcing und desto höher ist der Kontrollaufwand durch den Auftraggeber. Diese Faktoren werden von vielen Auftraggebern unterschätzt und oft erst nach einem Outsourcing sichtbar.

Was spricht dafür, die Entgeltabrechnung selbst zu machen?

Katzmair: Aus meiner Sicht sind die Qualität und die Steuerungsmöglichkeiten einer Inhouse-Lohnabrechnung mit einer ausgelagerten oft nicht vergleichbar. Die Kommunikationswege, der Datenfluss und die Kontrolle der Daten sind bei unternehmensintern durchgeführter Entgeltabrechnung einfacher. Außerdem geht die Auswertung von Daten schneller.

Welche Voraussetzungen müssen für eine Inhouse-Lohnabrechnung erfüllt sein?

Katzmair: Wichtige Voraussetzung für die interne Durchführung ist eine Fachkraft für Lohnabrechnung. Bei vielen KMU läuft die Lohnabrechnung im Bereich Finanzbuchhaltung mit. Ein Finanzbuchhalter hat aber von Lohnabrechnung in der Regel wenig Ahnung. Hier gibt es zum einen die Möglichkeit, eine Fachkraft mit Lohnkenntnissen einzustellen – was leichter gesagt als getan ist, denn die Fachkräftesituation für den Bereich der Lohnabrechnung ist an vielen Standorten problematisch. Zum anderen besteht die Möglichkeit, bestehendes Personal im Bereich Payroll weiterzubilden.

Entgeltabrechner benötigen in jedem Fall mindestens Grundlagenwissen im Lohnsteuerrecht, Sozialversicherungsrecht und Arbeitsrecht. Außerdem sollten sie die sozialversicherungsrechtlichen und lohnsteuerrechtlichen Meldeverfahren kennen.

“Schulungen und Jahreswechselseminare, um das Fachwissen aktuell zu halten, sind ebenso unabdingbar wie ein Verständnis für die regelmäßigen Änderungen in der Lohnsoftware.”

Darüber hinaus ist es bei der Inhouse-Lohnabrechnung wichtig, dass es bei einem Ausfall des Entgeltabrechners jemand gibt, der die Löhne und Gehälter ersatzweise zuverlässig abrechnet.

Leider fällt mir in Projekten mittlerweile immer häufiger auf, dass viele Unternehmen das Thema Arbeitsweise in der Lohnabrechnung vernachlässigen. Die Sorgfalt, Prüfungen und die Einhaltung von Fristen lassen oft zu wünschen übrig. Man verlässt sich häufig zu sehr auf das Lohnabrechnungssystem und hinterfragt zu wenig. Aber ich erlebe auch Überkontrolle, wie zum Beispiel die Erstellung von separaten Excel-Dateien und manuellen Auswertungen, da man den Daten aus dem System nicht traut.

“Unter dem Strich muss solides Fachwissen mit einer versierten Handhabung und effektiven Ausnutzung des Lohnabrechnungssystems sowie mit einer umsichtigen Arbeitsweise Hand in Hand gehen.”

Inwieweit unterstützt Entgeltabrechnungssoftware Arbeitgeber bei der Inhouse-Lohnabrechnung?

Katzmair: Egal welches Lohnabrechnungssystem – ganz ohne Software funktioniert heutzutage keine Lohnabrechnung mehr. Schon allein die monatlichen Meldeverfahren, wie EEL, DEÜV, ELStaM und Beitragsnachweise, lassen sich ohne ein Lohnabrechnungssystem nicht durchführen. Darüber hinaus lassen sich mithilfe von Abrechnungssystemen verschiedene Auswertungen erstellen, die das HR-Controlling oder die Finanzbuchhaltung mit Daten versorgen.

Betrachten wir das Ganze unter dem Aspekt der Digitalisierung: Welche Bedeutung werden digitale Lösungen im Personalbereich künftig für Arbeitgeber haben?

Katzmair: Auch im Bereich der Lohnabrechnung schreitet die Digitalisierung weiter fort. Insbesondere die Kommunikation rund um den Datenaustausch mit Krankenkassen, Finanzämtern und anderen Behörden wie dem Arbeitsamt erfolgt zunehmend papierlos. Ich spreche hier bewusst von Kommunikation, denn es handelt sich längst um einen wechselseitigen Austausch – nicht nur der Arbeitgeber meldet Daten, sondern auch die Behörden melden Daten und Informationen digital zurück. So übermitteln Arbeitgeber beispielsweise Informationen zu Vorerkrankungen über das Verfahren Elektronische Entgeltersatzleistungen (EEL) an die Krankenkasse. Diese prüft die Angaben und teilt dem Arbeitgeber die anrechenbaren Zeiten auf digitalem Weg mit. Nur in Ausnahmefällen versenden die Krankenkassen hier noch Informationen auf nichtelektronischem Weg.

Auch unternehmensintern schafft die Digitalisierung neue Möglichkeiten. Über HR-Portale, die einen sogenannten Employee Self Service ermöglichen, können Arbeitgeber ihren Mitarbeitern zum Beispiel Lohnabrechnungsdokumente papierlos zum Download zur Verfügung stellen. Das spart Kosten, stellt aber auch hohe Anforderungen an den Datenschutz. Die Mitarbeiter wiederum können in solchen Portalen bestimmte Personalgrunddaten, wie ihre Adresse, selbst ändern und hinterlegen.

Jedoch sind wir aus meiner Sicht im Bereich der Lohnabrechnung von einer Zukunft mit voll automatisierten Prozessen noch weit entfernt. Ein Einlesen von Belegen mit automatischer Erfassung im Payroll-System wird es so schnell nicht geben. Im Unterschied zur Buchhaltung, die höher standardisierte Prozesse aufweist und gern als Vorzeigebereich für die Nutzung von künstlicher Intelligenz genannt wird, fehlen in der Lohnabrechnung die ständig gleichbleibenden Prozesse.

“Die deutsche Lohnabrechnung ist durchsetzt von Ausnahmeregelungen, die durch alleinige digitale Prüfverfahren nicht komplett erfasst werden können. Kurzum: Auf mittelfristige Sicht kommen hierzulande kein Unternehmen und auch kein Payroll-Outsourcing-Dienstleister um einen kompetenten und umsichtigen Lohnabrechner herum.”

Lesen Sie auch:
Digitale Lohnabrechnung: So machen KMU ihren HR-Bereich zukunftsfit
In fünf Schritten zur passenden Personalsoftware
Baulohn selber abrechnen – was Betriebe dazu wissen sollten

Bildquellen: TAGSTOCK1/iStockphoto.com (Beitragsbild oben), Sabine Katzmair (Porträt)

0 Kommentare

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Es gilt unsere Datenschutzerklärung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert